Geschichte des Französischen Gymnasiums

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Die Geschichte des Französischen Gymnasiums liest sich in fünf Abschnitten, wie ein klassisches Stück aus der Epoche seiner Gründung. Es verdankt seine Existenz der französischen Präsenz, die auf die Einwanderung von Hugenotten, der vom Großen Kurfürsten 1685 eingeladenen protestantischen Flüchtlinge, zurückzuführen ist.

1. Das Hugenottencollège (1689-1809)

Sein erster, von Friedrich III ernannter Direktor, war Charles Ancillon. 1701 bezog das Collège das Palais Wangenheim in der Niederlagstraße, das bis 1873 sein dauerhaftestes Domizil bleiben sollte.

Die Sondermarke der Bundespost Berlin aus Anlass der Dreihundertjahrfeier des Gymnasiums 1989 stellt dieses Gebäude ebenso wie das Schulreglement von 1690 und das Siegel des Collège von 1713 dar.

Im 18. Jahrhundert konnte das Collège durch angesehene Lehrer wie Erman, die manchmal Erzieher der preußischen Prinzen waren, einen engen Kontakt zur Akademie der Wissenschaften herstellen. Gegen Ende dieser Epoche wurde die alte Bibliothek der Schule, die um ein Legat des Prinzen Heinrich bereichert wurde, eingerichtet. Die Schülerzahl nahm beträchtlich zu, von 35 im Jahre 1766 auf 208 im Jahre 1809.

2. Die Dornröschenschule (1809-1873)

Nach dem Verlust des Sonderstatus der französischen Gemeinde und der Eingliederung in das staatliche Schulsystem verlor das Gymnasium einen Teil seines Prestiges. Davon zeugt das Wortspiel „Flüchtlingsgymnasium“, womit aber nun nicht mehr die Glaubensflüchtlinge gemeint waren, sondern die Schüler*innen, die in anderen Berliner Gymnasien gescheitert waren. Nach der Revolution von 1848 nahm die Anzahl der Schüler*innen erneut zu, auf mehr als 300 in den 1860er Jahren.

3. Ein empfehlenswertes, manchmal nicht ganz konformes Gymnasium (1873-1933)

Die Gründerzeit, die auf den deutsch-französischen Krieg folgte, sah die Errichtung eines neuen Gebäudes am Reichstagsufer. Das Hugenottenkonsistorium beteiligte sich an der Finanzierung und erhielt im Gegenzug die Garantie, dass das Französische als Unterrichtssprache aufrecht erhalten werden sollte. Das Gymnasium wurde nun von Diplomatenfamilien und von Geschäftsleuten geschätzt, dagegen wurde es gelegentlich zur Zielscheibe der frankophoben und antisemitischen Rechten. Die allgemeine Tendenz ging indes zu einem Vordringen der deutschen Sprache, sei es auch nur, weil es an geeigneten Lehren fehlte, die auf Französisch unterrichten konnten. Zu bemerken wäre noch ein Rückgang der Schülerzahlen vor dem Ersten Weltkrieg und eine Erholung in den 1920er Jahren, als das Gymnasium einige wenige Mädchen aufzunehmen begann (erste Abiturientin 1923), ohne dass vergessen werden soll, daran zu erinnern, dass das Gymnasium seinerzeit die Schule einer beachtlichen Zahl später bekannter Persönlichkeiten wie Erich Auerbach war. Wie dieser war ein Drittel und manchmal (in den Jahrzehnten 1890 und 1900) sogar fast die Hälfte der Schüler*innen jüdischer Herkunft.

4. Das Ende einer Welt und ein entschlossener Neubeginn (1933-1952)

In der Nazizeit unterlag das Französische Gymnasium den gleichen Maßnahmen wie alle Schulen, ohne das Klima der Toleranz gänzlich zu verlieren, das ihm durch viele Aussagen ehemaliger Schüler*innen, die durch das Naziregime zur Emigration gezwungen wurden, bescheinigt wird. 1938 wurden die jüdischen Schüler*innen der Schule verwiesen, 1942 auch die sogenannten Halbjüdinnen und Halbjuden. Bemerkenswerterweise blieb das Französische Unterrichtssprache und eine gewisse Zeit lang wurden sogar Verbindungen mit Frankreich, zum Beispiel in der Form von Klassenreisen, aufrecht erhalten. Der Rest ist die Geschichte Berlins während des Krieges, mit der sukzessiven Evakuierung der Klassen 1943-44 und der Zerstörung des Gebäudes am Reichstagsufer am Ende des Krieges.

Noch im Mai 1945 wurde durch die Initiative des Lehrers Lindenborn, dem sich bald darauf Levinstein anschloss, der Unterricht in Behelfsquartieren wieder aufgenommen. In der Folge wurde durch die Französische Militärregierung (GMFB) gewährte der Schule eine gewisse Unterstützung in Form von Schulbüchern und der neue Direktor Levinstein achtete auf eine Erweiterung der Anzahl der auf Französisch unterrichteten Fächer.

Die logische Konsequenz dieser Annäherungspolitik war 1947 die Etablierung des Gymnasiums im französischen Sektor, im Bezirk Wedding. 1951 zählte es bereits mehr als 400 Schülerinnen und Schüler. Parallel zu diesem alteingesessenen Gymnasium gab es nun ein neues Collège des GMFB in Frohnau mit etwa fünfzig Schülerinnen und Schülern.

Interessant dürfte auch die Liste der Abiturienten bis zum Jahre 1945 sein:

5. Das Gymnasium / Collège als deutsch-französisches Projekt (ab 1952/53)

Im Zuge der großen Politik der Zeit des Schuman-Plans bereiteten die Direktoren der beiden Schulen, Fouilleron und Hartig, seit Februar 1952 die Fusion ihrer Einrichtungen vor. Mit dem Schuljahresbeginn 1952 schlossen sich die französischen den deutschen Schüler*innen im Gebäude am Zeppelinplatz (Wedding) an; der 22. September gilt als das Datum der Fusion, die durch den Vertrag vom 24. April 1953 offiziell wurde. Im selben Jahr wurde der Unterricht im neuen, modernen Gebäude am Kurt-Schumacher-Damm aufgenommen.

Die Geschichte der folgenden Jahre ist die Geschichte einer fortschreitenden Ausgestaltung der Fusion, zum Beispiel mit dem ersten gleichzeitigen Schuljahresbeginn der deutschen und französischen Schülerinnen und Schüler 1973, der Angleichung der Schuldauer bis zum Bac und zum Abitur 1977 und der Ausdehnung der Fusion auf die letzten integrierten Fächer, Englisch und Latein. Seit 1974 residiert das Französische Gymnasium in der Derfflingerstraße 7.

Zur weiteren Information auf deutsch:
•Bödecker, Anneliese / Dunskus, Thomas (2006): Schüler erinnern sich an das Französische Gymnasium 1840-1950. Berlin: Stapp.

•Michelly, Reinhold (1965): Das Französische Gymnasium in Geschichte und Gegenwart. In: Festschrift zur Feier des 275jährigen Bestehens des Französischen Gymnasiums. Berlin

•Schmidt, Johannes E. S. / Fock, Rüdiger (2008): Die Französische Domschule und das Französische Gymnasium zu Berlin: Schülererinnerungen 1848 - 1861. Schriften zur Kulturgeschichte 6. Hamburg: Kovac.

•Velder, Christian (1989): Respekt, Toleranz und Kooperation. Die 300jährige Geschichte des Französischen Gymnasiums. Berlin (Berliner Forum, 4/89)

zweisprachig:

•Frank, Bernhard (1989): Collège français - Französisches Gymnasium 1689-1989. Berlin/Bonn (illustrierter und kommentierter Katalog zur 300-Jahr-Feier)

•Velder, Christian (1989): 300 Jahre Französisches Gymnasium - 300 ans au Collège français. Berlin (Geschichte des Gymnasiums in Form von Biographien)

•Velder, Christian / Gehrmann, Rolf (1989): Französisches Gymnasium - Materialienband. Collège français - volume documentaire. Berlin (Statistiken, Namen aller Abiturienten seit 1780)

Das Schularchiv wurde im Krieg zerstört.

Zwei Schlüssel
Zur Geschichte des Französischen Gymnasiums
Bernhard Frank und Rolf Gehrmann
Herausgegeben von